Fadenkunst – Sewing Art

'Gewusel' - Julia Kiefers Fadenbilder verbinden gekonnt Medium und Inhalt. Bilder: Julia Kiefer

Wenn Julia Kiefer die Nähmaschine auspackt, ist es, wie wenn andere Leute einen Stift in die Hand nehmen. Auf Architektenpapier entstehen genäht Kunstwerke, die die Vergangenheit Augsburgs als Textilstadt zum Thema haben: Textilmaschinen, die alte Kammgarnspinnerei (aks) oder Porträts von Textilarbeiterinnen zaubert sie in grauem und schwarzem Garn aufs Papier. Noch bis zum 15. März ist ihre Ausstellung im Space 2b in Augsburg zu sehen. Tee & Kekse sprach mit der Künstlerin.
Am Anfang der Idee zu den Fadenbildern stand eine Ausstellung. „Als ich den Ausstellungsraum gesehen habe, war mir klar, dass nichts von meinen bisherigen Werken dort hinpasst“, erzählt Julia Kiefer. Ihre Inspiration fand die 23-jährige, die an der Universität Augsburg Kunstpädagogik und Germanistik studiert, schließlich in einem alten Holzfenster mit Sprossenfenstern und abplatzendem Lack, das früher Teil der aks war. „Ursprünglich war meine Idee, ein Bild für jedes der acht Felder zu machen, sodass man quasi durch das Fenster in die Fabrik blicken kann, dort Arbeiter und Maschinen sieht, aber auch die Außenseite mit den Fassaden und Hallen“, schildert Julia Kiefer ihre Idee. Schnell sei ihr aber klar geworden, dass sich ein derart schwerer Rahmen nirgendwo aufhängen ließe. Aus den ursprünglichen acht Bildern sind inzwischen viel mehr geworden. Die Motive findet die Studentin, wenn sie mit dem Fotoapparat über das Gelände der Fabrik streift, die zeitweise die größte Kammgarnspinnerei in Deutschland war. Die Porträts der Textilarbeiterinnen, die Julia Kiefer in Garn nachzeichnet, entdeckte sie in einem Buch über die Geschichte der aks.

Was übrig bleibt - Augsburger Industriearchitektur auf dem Gelände der aks.

Textil und Kunst waren für Julia Kiefer nie ein Widerspruch, vielmehr ist es für sie die Verbindung zweier Interessen, die sie schon seit Kindertagen hat. „Im Kindergarten habe ich schon Kuscheltiere genäht und Kuscheltiere für meine Erzieherinnen“, erzählt die ursprünglich aus Sachsen-Anhalt stammende Wahlaugsburgerin. Wenn sie nicht gerade näht, zeichnet Julia Kiefer oder malt großformatige Acryl- und Ölgemälde. „Mit den Ölfarben geht das nicht, aber normalerweise arbeite ich in der Küche, weil die Wohnung so klein ist“, schildert sie ihr persönliches Atelier. Wenn sie an ihren Fadenbildern arbeitet, für die sie durchschnittlich rund einen Tag braucht, ist sie nicht alleine: „Meine Nähmaschine hat inzwischen eine richtige Persönlichkeit entwickelt. Ich habe mir schon überlegt, ihr einen Namen zu geben“, scherzt Julia Kiefer, die auch während ihrer Arbeit bei der Museumspädagogik im Staatlichen Textilmuseum Augsburg (tim) ständig mit Textilien der verschiedensten Art zu tun hat.
Der Titel „Spinning Culture?“, den Julia Kiefers aktuelle Ausstellung trägt, sei an das Motto der Leipziger Baumwollspinnerei angelehnt.„Dort ist es gelungen die alte Fabrik mit Galerien und Werkstätten zu beleben, auch der bekannte Maler Neo Rauch hat dort sein Atelier. Hier wird vieles abgerissen, dabei könnte man viel mehr daraus machen“, so Julia Kiefer. Deswegen habe sie mit ihren Bildern auch einen sozialkritischen Ansatz verfolgt und dokumentieren wollen, was momentan noch von der alten Kammgarnspinnerei übrig sei. Ihre Fadenbilder werden sicher nicht das letzte Projekt von Julia Kiefer sein, denn die junge Künstlerin tüftelt schon an der nächsten Idee, die etwas mit Steckperlen und Alten Meistern zu tun hat. Wie das zusammengeht? Man muss sich überraschen lassen…

Die Ausstellung „Spinning Culture?“ ist noch bis zum 15. März im Space 2b, Bleigässchen 2, in Augsburg zu sehen. Weitere Informationen zu Julia Kiefer und ihren Kunstwerken gibt es unter www.juliakiefer.blog.com

 

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